Entspann Dich!

Eine weniger moralische, dafür ethisch faire Lebenshaltung entspannt!

Zuallererst will ich kurz erklären, was für mich der wichtige Unterschied von Moral und Ethik ist:
Unter „MORAL“ meine ich hier die subjektive Bewertung von Menschen auf Grundlage tradierter Vorstellungen von GUT und BÖSE oder Schuld und Sühne. Sie wird so vor allem in monotheistischen Religionen gepflegt und führt dort zum gefährlichen, moralischen Dualismus: Nächstenliebe und Fremdenhass. Es gibt aber nichts Relativeres als Gut und Böse. Je nach Kultur ist es sehr unterschiedlich, wer die Vertreter des Guten sind und was das absolute Böse ist. Für IS-Terroristen sind wir das Übel, für uns sind sie die Bösen. Moralische Kategorien führen also sicher nicht zur Lösung von Konflikten. Im Gegenteil.
Moralisten denken problemorientiert. Sie beschäftigen sich mit den Übeln der Welt, mit dem vermeintlichen Gegensatz von »Gut« und »Böse«, aus dem sie einen beträchtlichen Teil ihres Selbstwertgefühls ziehen. Ihr Vergeltungsbedürfnis entspringt ihrem Geltungsbedürfnis.

Dies beeinflusst auch unser alltägliches Denken und führt zum «Empörialismus» (Michael Schmidt-Salomon), zu mehr Stress durch Empörung und durch die vielen kleinen Ärgernisse über den ganzen Tag weg. Dazu habe ich eben letzthin einen Blogbeitrag geschrieben: https://walserblog.ch/2018/11/25/gelassenheit/

Unter „ETHIK“ verstehe ich dagegen die objektive Bewertung von Handlungen anhand des Massstabs, ob sie die Interessen anderer angemessen berücksichtigen, ohne jemanden zu schädigen:
Was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem andern zu!

Ethiker denken lösungsorientiert. Sie beschäftigen sich mit den Möglichkeiten, die Ungerechtigkeiten aus der Welt zu beseitigen. Ethiker verzichten darauf, sich selbst durch die Abwertung anderer aufzuwerten, und suchen nach Problemlösungen, die die Interessen aller Betroffenen fair berücksichtigen. Die Menschenwürde steht im Zentrum.
Dies ist sicher eine Haltung, die im Alltag zu sehr viel weniger Stress und Ärger führt. Ethisch faires Verhalten entspannt also sehr.

Bescheidenheit entspannt!

Bescheidenheit ist angebracht in Angesicht unserer mickrigen Hirnleistung! Dieses stark überschätzte Organ leistet gerade mal 50 Bit/s. Es besteht aber ein chaotisches Netzwerk von Milliarden Faktoren über die wir keine Kontrolle haben. Allein schon  die Augen senden uns pro Sekunde etwa 10 Mio Bit an Information!

Unser sogenannte „Ich“ ist also eine mühsam geforderte Konstruktionsleistung des Gehirns. Wir müssen uns quasi unsere eigene Welt in jedem Moment neu konstruieren. Jede*r für sich seine eigene Welt, da es keine eine einzigartige gibt. Es ist ein „virtuelles Theaterstück“ (M. Schmidt-Salomon).

Stolz auf eine eigene Leistung zu sein oder sich über etwas zu schämen, wird – unter diesen Umständen gesehen – ziemlich lächerlich und unbedeutend!
Beides benötigt viel Anstrengung und Energie: Selbstoptimierung beim Stolz und die Angst vor Versagen, vor Blamage bei der Scham.
Bescheiden zu bleiben und auf Stolz und Scham zu verzichten, entspannt also enorm!

Unter diesen Gesichtspunkten wird auch ziemlich unverständlich, dass wir häufig annehmen, wir könnten in einem Paarkonflikt als Beispiel genau wissen, welche „Wahrheit“ die einzig richtige sei! Es gilt viel eher: „Beziehung ist Anerkennung von Unterschieden“ (Fritz Perls) – und dies ist sehr entspannend.

Übrigens, nur das wir uns richtig verstehen:
Nimm das, was Du tust ernst – aber Dich selbst nicht so wichtig!

Entspann Dich!

Literatur und Quelle: „Entspannt Euch!“ von Michael Schmidt-Salomon, Piper 2019

Weiterlesen über die goldene Regel der Ethik: walserblog.ch/2021/01/10/goldene-regel-der-ethik/